Nylonfaden im Becherglas: Otto-Pankok-Schüler besuchen den Lehrstuhl für Makromolekulare Chemie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Schuljahr 2019/2020)

Plastik ist allgegenwärtig. Jedem dürften dabei die bekanntesten Vertreter aus dieser Stoffklasse bekannt sein: PET (Polyethylenterephthalat), PVC (Polyvinylchlorid) oder PE (Polyethylen). So häufig diese Stoffe auch in unserem Alltag vorkommen, so selten wissen die Menschen wirklich etwas über sie. Oder wussten Sie, dass ein Polymer aus über hunderttausenden Kohlenstoffatomen besteht oder dass Polymere bereits in der Zeit des Barocks als Radiergummis benutzt wurden?

Dem Thema „Plastik“ widmete sich der Chemie-Grundkurs von Frau Dr. Braun einen Tag lang theoretisch und experimentell am Lehrstuhl für Makromolekulare Chemie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und konnte dabei etwas Campusluft schnuppern.

Für uns fing der Tag an, wie er auch für jeden Chemiestudenten beginnt: mit einer Vorlesung von Prof. Dr. Laura Hartmann zu Polymeren. In einer sehr anschaulichen Art und Weise wurden uns die Grundlagen der Polymer-Chemie und eine Auswahl an verschiedenen Analyseverfahren zur Bestimmung von Polymerstrukturen nähergebracht. Polymere sind lange Kohlenstoffketten, welche aus kurzen Monomeren zusammengesetzt werden.

Neu war für uns zum Beispiel auch, dass bei der Synthese von Polymeren aus Monomeren unterschiedlich lange Ketten entstehen, welche zusammen dann das Produkt bilden. Das bedeutet im Alltag, dass jeder Plastikbecher im Supermarktregal aus unterschiedlich langen Kohlenstoffketten besteht und die Zusammensetzung dieser unterschiedlichen Ketten über die Qualität des Polymers bestimmt. Deshalb lernten wir auch ein Analyseverfahren kennen, bei welchem die mittlere Kettenlänge eines Plastikstücks bestimmt werden kann – die Gelpermeationschromatographie (GPC).

Doch bei der Theorie blieb es natürlich nicht, auch wenn allein dieser Vorlesungsteil die Anreise wert gewesen wäre! Nach einer kurzen, aber eindrucksvollen Sicherheitseinweisung wurden wir in Gruppen von zwei bis drei Personen eingeteilt und je einem Doktoranden zugeteilt. Ausgestattet mit einem frischen Laborkittel und einer kratzerfreien Schutzbrille ging es dann los zur ersten Praxiseinheit. Neben der Erfahrung, dass es ziemlich schwierig ist, in klobigen Schutzhandschuhen zu arbeiten, machten wir auch mit den zuvor thematisierten Analysegeräten Bekanntschaft. Dadurch, dass es sich bei unseren Betreuern um Doktoranden handelte, konnten wir die Zeit auch dafür nutzen, Fragen zur Motivation für den Studiengang Chemie, zum Ablauf des Studiums und der Promotion sowie dem Alltag am Campus stellen. Mit großer Freundlichkeit begegnete man unseren Fragen und auch dem einen oder anderen Missgeschick im Umgang mit der Laborausrüstung. Allein schon das Einfrieren eines Latex-Handschuhs in flüssigem Stickstoff und das spätere Ausgießen eben dieser dann effektvoll dampfenden Substanz auf den Boden des Labors wird uns allen wohl in Erinnerung bleiben. Mit diesem Experiment wurden die Eigenschaften von Polymeren in Abhängigkeit von der Temperatur untersucht.

Bevor es dann in die zweite Praxisphase ging, legten wir eine Mittagspause in der Unimensa ein. Dort stärkten wir uns für den Höhepunkt des Tages im Labor: in einem weiteren Experiment konnten wir eigenes Nylon herstellen. Der Stoff, welcher zum Beispiel in Strumpfhosen vorkommt, entsteht, wenn man auf eine Disäure in einem Becherglas ein Diamin gibt. Auf Grund der unterschiedlichen Dichte vermischen sich die beiden Substanzen nicht. Doch dort, wo die beiden Substanzen aufeinandertreffen, entsteht Nylon (Polyamid). Diese Schicht lässt sich mithilfe einer Pinzette aus dem Becherglas heraus und anschließend durch ein Wasserbad ziehen. Die Schicht im Becherglas bildet sich sofort solange genug Monomere vorhanden sind. Beim Herausziehen entsteht ein Faden, der sich sogar aufwickeln lässt. Unter sehr freundlicher Anleitung durch unsere Betreuer begann der Wettstreit um den längsten Nylonfaden. Wir waren immer wieder überrascht, wie viel Nylon sich aus unserem Becherglas gewinnen ließ. Am Ende stand der Gewinner fest: fast 40 Meter lang war der Siegerfaden.

Doch nicht nur chemische Fragen wurden geklärt. So erfuhren wir z.B. auch, weshalb der Boden des Campus uneben ist, weshalb die HHU einen Hautschutzplan entwickelt hat oder wie effektives Recycling von Plastik wirklich aussieht.

Der Tag an der Heinrich-Heine-Universität war ein voller Erfolg. Zufrieden, aber auch erschöpft, ging es zurück nach Mülheim.

Im Namen des gesamten Chemiekurses möchten wir uns bei den tollen Mitarbeitern des Lehrstuhls und Frau Prof. Hartmann bedanken. Tage wie diese sind es, welche eine wirklich berufsberatende Wirkung haben.

(Tim Jehles, Q2)